
Ludwig-Uhland-Zweig Tübingen

Was ist Anthroposophie ?
"Anthroposophie ist ein Erkenntnisweg, der das Geistige im Menschenwesen zum Geistigen im Weltenall führen möchte. Sie tritt im Menschen als Herzens- und Gefühlsbedürfnis auf."
(Rudolf Steiner)
Die naturwissenschaftlich orientierte Anthropologie erforscht und beschreibt das am Menschen, was sinnlich wahrnehmbar und beschreibbar ist. Anthroposophie entwickelt die objektivierenden naturwissenschaftlichen Methoden weiter und beobachtet, erforscht und beschreibt auch das, was nicht mit den äußeren Sinnen wahrnehmbar ist. Sie konzentriert und erweitert den Blick darüber hinaus auf den inneren, den erlebbaren, aber viel größeren Menschen.
In den letzten zwei Jahrhunderten hat sich in der naturwissenschaftlich erfaßbaren, materiellen Welt eine enorme, die Welt verändernde Entwicklung vollzogen. Nun geht es in der Gegenwart zunehmend darum, die für die äußere Welt als Natur-Wissenschaft entwickelten Erkenntnis-methoden so zu verwandeln und weiterzuentwickeln, daß mit ihnen in einer echten Geistes-Wissenschaft auch der individuelle, der "unsichtbare Mensch" in seinen Wesensgliedern sach- und wirklichkeitsgemäß erkannt wird. Dazuhin wird der Blick auch erweitert, hinaus auf den gesamten seelisch-geistigen Teil der Welt in Menschheitsentwicklung, Natur und Kosmos.
Diese Fähigkeiten zu entwickeln und forschend die Erkenntnisse solide zu erweitern ist Anliegen der Anthroposophie.
Der Begriff schließt sowohl die Erkenntnismethoden als auch die Erkenntnisinhalte ein. Sie will es ermöglichen, die Wirklichkeiten der immateriell geistigen Welt immer konkreter zu erleben, zu erfassen und so zu einem erweiterten und vertieften Anschauen der Welt und ihrer Zusammenhänge zu führen. So wird im Menschen auch die Fähigkeiten gestärkt, sich aus erlebter Gesamterkenntnis handelnd und verantwortungsbewußt gestaltend ins praktische Leben hineinzustellen.
Dafür wurden von Rudolf Steiner, dem Begründer der Anthroposophie, Methoden und Schulungswege für jeden nach Erkenntnis strebenden Menschen in zahllosen Übungshinweisen dargestellt. So sollen die mit den physischen Sinnen entwickelten Begriffe beweglich gemacht und die durch diese gegebenen Erkenntnisgrenzen erweitert und überwunden werden.
Diese Anregungen und die Forschungsergebnisse können von jedem Menschen in freier Weise ergriffen werden. Rudolf Steiner hat seine Erkenntnisse einerseits in seinen grundlegenden Büchern ("Philosophie der Freiheit", "Theosophie", "Wie erlangt man Erkenntnisse höherer Welten ?" u.a.) ausführlich dargestellt. Solche Übungsanregungen finden sich auch unter verschiedensten Blickrichtungen immer wieder und wieder in dem weiten Feld der Beobachtungs- und Forschungsergebnisse, die Steiner in seinen Büchern, Aufsätzen und Vorträgen beschrieben und angeregt hat.
Diese befassen sich mit den "Wesensgliedern" des Menschen, die seiner Individualität als „Werkzeug“ zur Verfügung stehen: Der physische Körper wie in der Natur die Materie, die innere Organisation der Lebensprozesse wie auch in der pflanzlichen Natur, das innere seelische Geschehen, wie dies auch im Tierreich erscheint, und schließlich das "höhere", überalltägliche Ich jedes einzelnen Menschen und seine Entwicklung nach Inkarnations- und Schicksals-gesetzmäßigkeiten. Vielfältig und ausführlich dargestellt werden von Steiner auch Naturgeschehen, Lebenspraxis sowie Menschheits- und Weltentwicklung, Zeitgeschichte und politisch-soziale Gestaltungsaufgaben der Gegenwart. Die beobachtbare und charakterisierbare Wirksamkeit von geistigen Kräftewesenheiten wird herausgearbeitet und nachvollziehbar beschrieben. Die anthroposophisch erweiterte Geistes-Wissenschaft zeigt auch deutlich, welche zentrale Bedeutung dem Erscheinen und Wirken des Jesus-Christus zukommt, der "zum Heil der Erde und zu der Menschheit Freiheit und Fortschritt durch das Mysterium von Golgatha gegangen ist" (Rudolf Steiner).
Mit den Schulungsübungen und den auf diesem Weg gewonnenenen Forschungsergebnissen und ihrer Anwendung in der Praxis befassen sich unsere Arbeitskreise, Seminare, künstlerischen und wissenschaftlichen Veranstaltungen. Sie sind für alle Menschen frei zugänglich, die sich dafür interessieren und den Darstellungen mit offenem, gesundem Menschenverstand folgen wollen.
Die anthroposophisch erweiterte Geistes-Wissenschaft und ihre Erkenntnisse finden ihre konkrete, praktische und erfolgreiche Anwendung auf allen Lebensfeldern, auf allen Kontinenten, in allen Kulturen. Beispielhaft genannt werden können:
- Biologisch-Dynamischen Landwirtschaft (DEMETER),
- Pädagogik (Waldorfschulen, Sozial- und Notfallpädagogik),
- Hochschulforschung und wissenschaftliche Literatur,
- Medizin (öffentliche Kliniken und Arztpraxen, Kunsttherapie),
- Pharmazie und Kosmetik (z.B. Weleda, WALA),
- die Künste, von Schauspiel und Sprache über Malerei, Plastik, Musik und neue Bewegungskunst Eurythmie
- Architektur und organische Siedlungsgestaltung,
- Natur- und Sozialwissenschaften (von der Antriebstechnik und Biologie über Organisationsberatung, Unternehmensführung, Bankwesen (z.B. GLS-Gemeinschaftsbank) sowie politisch wirksame, Frieden und Zusammenarbeit fördernde, das gesellschaftliche Zusammenleben der Menschen würdig und funktionsangemessen gestaltende Impulse („Dreigliederung des sozialen Organismus“).
Die Allgemeine Anthroposophische Gesellschaft mit Sitz in Dornach bei Basel / Schweiz hat weltweit zahlreiche Landesgesellschaften sowie örtlich und fachlich tätige Arbeitsgruppen („Zweige“). Jeder Mensch kann Mitglied der Gesellschaft werden, der ihre Anliegen für berechtigt hält, gleichgültig welcher Nation, Kultur, Sprache, Religion etc. er angehört. Die Anthroposophische Gesellschaft kennt keine Dogmatik oder Hierarchie, sektiererische Bestrebungen lehnt sie ab.
Jeder Mensch ist in der anthroposophischen Bewegung herzlich willkommen.