Anthroposophische Gesellschaft
Ludwig-Uhland-Zweig Tübingen
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Zur Entwicklung der anthroposophische Arbeit in Tübingen

Die Anfänge

Mitglieder der Theosophischen Gesellschaft aus dem Raum Tübingen lernten sich 1910 beim Besuch von Vorträgen Rudolf Steiners in Stuttgart kennen. Sie gründeten darauf eine  Gesprächsgruppe in Tübingen und im Sommer 1911 offiziell eine "Loge" - heute "Zweig" genannt. Sie erwählten sich den Tübinger Dichter, Wissenschaftler und Politiker Ludwig Uhland (1787 - 1862) als Namenspatron. Am 25.11.1911 fand in den Räumen des Zahnarzt-Ehepaares E. Schneyder im Obergeschoß des Hauses Schimpf am Lustnauer Tor eine Einweihungsfeier mit einer persönlichen Ansprache von Rudolf Steiner statt. Dieser knüpfte an den Ausspruch von Gustav Werner (Pfarrer und Sozialunternehmer in Reutlingen, 1809 - 1887) an: "Was nicht zur Tat wird, hat keinen Wert." und hob die Kraft und Fähigkeit des Menschen hervor, durch seine Aktivität Geistiges in Physisches und Physisches in Geistiges zu verwandeln und so sowohl sich selbst weiterzuentwickeln wie auch Kultur bildend zu wirken.

Im Februar 1913 war Rudolf Steiner erneut in Tübingen und hielt im großen Rathaussaal zwei Vorträge über das Verhältnis zwischen den Lebenden und den Verstorbenen, worüber auch die Lokalzeitung "Tübinger Chronik" ausführlich berichtete.

Die gemeinsame Arbeit wurde auch während des Weltkrieges fortgesetzt.

Neue Impulse nach dem Ersten Weltkrieg

Nach dem Krieg erlebte die anthroposophische Arbeit in Tübingen einen neuen Aufbruch: In dem offenen Zeitfenster zwischen revolutionärem Zusammenbruch und allgemeiner Suche nach Formen grundlegender Neuordnung bemühte sich Rudolf Steiner mit höchstem Einsatz darum, vor allem in Württemberg zeitgemäßen und zukunftsfähigen sozialen Gestaltungsideen zum Durchbruch zu verhelfen. Für diese Ideen einer "Dreigliederung des sozialen Organismus" setzten sich auch die Mitglieder, Freunde und Studenten in Tübingen ein: Sie organisierten Vorträge, Arbeitskreise, Buchverkauf etc.  - Anfang Juni sprach Rudolf Steiner selbst im überfüllten Schillersaal des "Museum" ab 7 Uhr abends, die Diskussion ging laut "Tübinger Chronik" bis nach Mitternacht. In der Lokalzeitung "Tübinger Chronik" folgte darauf eine Serie von 10 Zuschriften und Beiträgen, in denen bereits im Sommer 1919 spürbar wurde, in welcher Zeit der Weichenstellung man sich befand.

In der Zeit der Weimarer Republik wurden vom Ludwig-Uhland-Zweig und einer selbständigen Studentengruppe zahlreiche Vorträge und Kurse zu Themen aus der anthroposophischen Arbeit und zum Zeitgeschehen veranstaltet. - Auch Gegner aus Universität und Kirchen meldeten sich verleumdend in Wort und Schriften.

1922 entstand auch in Tübingen eine selbständige Gemeinde der mit Unterstützung Rudolf Steiners gegründeten "Christengemeinschaft - Bewegung für religiöse Erneuerung". 

Durch die nationalsozialistische Diktatur wurde die Anthroposophische Gesellschaft im November 1935 "zum Schutze von Volk und Staat" verboten, da sie „nach der geschichtlichen Entwicklung international eingestellt“ ist und „auch heute noch Beziehungen zu ausländischen Freimaurern, Juden und Pazifisten unterhält“.

Neuanfang nach Diktatur und 2. Krieg

Direkt nach nach Verbotszeit und Krieg entfaltete sich wieder lebendige Aktivitäten mit Studienkreisen, Vorträgen sowie mehreren großen Theater- und Eurythmieaufführungen im Schillersaal des "Museum". - Bereits kurz vor Kriegsende und dann ab Herbst 1945 öffentlich entstand die Tübinger Freie Waldorfschule. Die Christengemeinschaft feierte wieder ihre "Menschenweihehandlung". Die Anthroposophische Studentengruppe war eine der ersten, die nach dem Krieg vom Kommandanten der französischen Besatzungstruppen genehmigt wurde.

Zu Anfang der 1960er Jahre ergaben sich neue Impulse:

  • Die Christengemeinschaft konnte 1962 in der Frischlinstraße eine eigene Kirche errichten, der dann 2012 ein markanter Erweiterungsbau angefügt wurde.
  • Aus der lebendigen Arbeit der Studentengruppe entstand der Wunsch nach einem für kulturelle Aufgaben geeigneten Studentenwohnheim. Der "Verein zur Förderung studentischen Lebens e.V." wurde 1958 gegründet. Das "Johann-Gottlieb-Fichte-Haus" in  der Herrenbergerstraße wurde errichtet, die 62 Studentenzimmer konnten 1962 bezogen werden. Es hat als selbstverwaltetes Haus mit zahlreichen kulturellen Initiativen bis heute eine eigene Ausstrahlung.
  • Für den Ludwig-Uhland-Zweig fand die immer neue Raumsuche - besonders zwischen den Kriegen - ihr Ende, als die Schwestern Luise und Maria Bollinger - seit 1920 Mitglieder des Zweiges - ihr Haus in der Nauklerstraße testamentarisch der anthroposophischen Arbeit in Tübingen vermachten: Die Wohnung im Erdgeschoß wurde 1962 für die Zweigzusammenkünfte und eine Bibliothek umgebaut. In den Räumen leben heute Maltherapie, Heileurythmie und Rhythmische Massage des Therapeutikum Tübingen e.V.

Bis zur Gegenwart

Es folgten Jahre mit ruhiger, konzentrierter, gemeinschaftlicher Erkenntnisarbeit und einzelnen öffentlichen Vortragsabenden oder auch Eurythmie- und Schauspielaufführun-gen zusammen mit der Volkshochschule bzw. in Hörsälen der Universität. In den 1970er Jahren entstanden Bürgerinitiativen zum Arzneimittelgesetz, zu Ernährung und Landwirtschaft, für den gefährdeten Wald etc. Daraus ergab sich die Gründung des Therapeutikums für Kunsttherapie und von Naturkostläden in Tübingen.

Durch eine teilweise Umwandlung des Hausvermächtnisses und erhebliche Spenden der Mitglieder und Freunde konnte 1986 / 87 das Rudolf-Steiner-Haus in der Wächterstraße errichtet werden. Hier sind wir nun wirklich "zuhause" angekommen: In dem kleinen, aber feinen Haus können sich nun in dem Saal und dem Bibliotheksraum die Zweigarbeit, die Arbeitskreise und öffentlichen Veranstaltungen verstärkt entfalten. Die Kinder und jungen Eltern der Waldorfkindergartengruppe im Untergeschoß bringen täglich fröhliches Leben ins Haus.

Zum 100jährigen Jubiläum des Ludwig-Uhland-Zweiges wurde 2011 eine lange Reihe von öffentlichen Veranstaltungen durchgeführt, eine Festschrift wurde herausgegeben, in der auf 226 Seiten - auch mit Dokumenten - über viele Themen und Aspekte der anthroposophischen Arbeit und ihrer Entwicklung in Tübingen berichtet wird; sie ist als Dokumentation auch weiterhin verfügbar. - Nach dem Jubiläum entstand unter der Bezeichnung "Kulturforum im Rudolf-Steiner-Haus" eine dichte Reihe von regelmäßigen wissenschaftlichen und künstlerischen Veranstaltungen. So kann der Ludwig-Uhland-Zweig der Anthroposophischen Gesellschaft bis heute durchaus mit etwas Erfolg zu dem reichen Kulturleben in Tübingen etwas beitragen.

Wir sind gespannt auf die noch vor uns liegenden Entwicklungswege.

Für Anregungen zu unserer Arbeit hier in Tübingen sind wir immer offen.

Aktuell im Kulturforum


Montag, 22. April, 20 Uhr:

Dr. med. Martin Straube, Bochum:

 

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