Anthroposophische Gesellschaft
Ludwig-Uhland-Zweig Tübingen
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Ludwig Uhland als Namenspatron des Zweiges Tübingen

Am 06. Juli 1911 sagte Christian Schuler zum Ende seiner Ansprache anläßlich der Gründung der – damals noch -  „Loge der Theosophischen Gesellschaft“: „Es ist nun üblich und gut, einer Loge auch einen Namen zu geben. In diesem Falle brauchen wir nicht lange zu suchen. Wohnen wir doch in der Geburtsstadt eines Mannes, der nicht bloß stets nach dem Höchsten gestrebt, sondern auch dafür gearbeitet sowie seine Unabhängigkeit nach allen Seiten bewahrt hat. – Er war bedeutend als Mensch, wie als Staatsmann und Dichter und kann als Vorbild wirken. Seine Name ist Ludwig Uhland.“

Wer war Ludwig Uhland ?

Am 26. April 1787 in Tübingen geboren, wuchs er hier auf und entfaltete ganz überwiegend von dieser Stadt aus sein lebenslanges Wirken als bekannter Dichter, als einflußreicher Staatsmann und als anerkannter Wissenschaftler.

Nach dem Schulabschluß studierte Ludwig Uhland auf Wunsch der „altwürttembergischen Familie von bürgerlich-gelehrtem Zuschnitt“ an der Universität seiner Heimatstadt Rechtswissenschaften und schloß im April 1810 mit dem Erwerb des Doktortitels ab. Er war Teil eines lebendigen und teilweise lebenslangen Freundeskreises junger, romantisch gesinnter Dichter (u.a. Justinus Kerner, Gustav Schwab). In dieser Zeit wurden auch erste Gedichte von ihm veröffentlicht. „Die Kapelle“ ist wohl aus dem Erleben der Ausflüge der Freunde zur so schön und eindrucksvoll auf einer Hügelspitze nahe Tübingen gelegenen Wurmlinger Kapelle entstanden. Es ist wohl eines seiner bis heute bekannten Gedichte:

   Droben stehet die Kapelle,
   Schauet still in's Thal hinab,
   Drunten singt bei Wies' und Quelle
   Froh und hell der Hirtenknab'.          

   Traurig tönt das Glöcklein nieder,
   Schauerlich der Leichenchor; 
   Stille sind die frohen Lieder, 
   Und der Knabe lauscht empor,

   Droben bringt man sie zu Grabe,
   Die sich freuten in dem Thal;
   Hirtenknabe, Hirtenknabe!
   Dir auch singt man dort einmal.

Auch den Plan einer Achilles-Tragödie hatte er verfolgt. Darüber schreibt er 1807 an einen Freund: „Sie sollte die Idee darstellen: Wenn auch das Schicksal die Ausführung unserer Entschlüsse hindert, haben wir sie nur ganz und fest in uns gefaßt, so sind sie doch vollendet. Was in der Wirklichkeit Bruchstück bleibt, kann in der Idee ein großes Ganzes sein. Die Idee bleibt unberührt vom Schicksal.“ *)

Nach Abschluß des Jurastudiums begab sich Uhland auf eine neun Monate dauernde Bildungsreise nach Paris. Hier widmete er sich nicht der weniger geliebten Juristerei. Er beschäftigte sich in Museen und Archiven intensiv mit altfranzösischen und mittelhochdeutschen Schriften und Liedern. – Nach seiner Rückkehr nach Tübingen eröffnete er zwar für kürzere Zeit eine Anwaltskanzlei, beschäftigte sich jedoch weiterhin mit den in Frankreich erschlossenen Themen und Dokumenten. Mit der Veröffentlichung seiner Abhandlung „Über das altfranzösische Epos“ (1912) wird Uhland zum Mitbegründer der Romanistik in Deutschland.

Ab 1812 erhielt Uhland eine Stelle als unbesoldeter Beamter im Justizministerium in Stuttgart. In dieser Zeit entstand auch  ein weiteres seiner bekannten Gedichte: „Frühlingsglaube“

   Die linden Lüfte sind erwacht,  
   Sie säuseln und weben Tag und Nacht,    
   Sie schaffen an allen Enden. 
   O frischer Duft, o neuer Klang!
   Nun, armes Herze, sei nicht bang!
   Nun muß sich alles, alles wenden. 

   Die Welt wird schöner mit jedem Tag,
   Man weiß nicht, was noch werden mag,
   Das Blühen will nicht enden.
   Es blüht das fernste, tiefste Tal;
   Nun, armes Herz, vergiß der Qual!
   Nun muß sich alles, alles wenden.
   

Ab 1814 ist er wieder überwiegend in seiner Tübinger Anwaltskanzlei tätig, die jedoch wenig befriedigend für ihn ist. Es entstehen Balladen wie „Des Sängers Fluch“ und „Schwäbische Kunde“ und weitere. Ab 1815 greift er mit oppositionellen Gedanken in den Kampf um eine Verfassung für das neu entstandene Königreich Württemberg ein. Es entstehen Dichtungen wie „Vaterländische Gedichte“, „Das alte gute Recht“ und eine Flugschrift „Keine Adelskammer“. Darauf wird er 1819 als Vertreter Tübingens in die verfassunggebende Württembergische Ständeversammlung gewählt und gehört bis 1826 dem neu entstandenen Landtag an.

1822 erscheint seine wissenschaftlich bedeutsame Monographie „Walther von der Vogelweide, ein deutscher Dichter.“ 1826 gibt Ludwig Uhland zusammen mit seinem Freund Gustav Schwab eine erste Gesamtausgabe der Werke von Friedrich Hölderlin heraus, der seit 1807 im nachmaligen „Hölderlin-Turm“ am Neckar in Tübingenwohnte und betreut wurde.

Nach mehrjährigem, erfolglosem Bemühen erhält Uhland 1829 das Amt eines Professor für deutsche Sprache und Kultur an der Universität Tübingen. In seinen Vorlesungen zu mittelalterlicher Poesie, Niebelungenlied, Sagengeschichte der germanischen und romanischen Völker erlebten seine Studenten mit Sympathie die Persönlichkeit und deren Begeisterung für die vorgetragenen Themen.

Ab 1832 war Uhland wieder Abgeordneter im Württembergischen Landtag auf Seiten der liberalen Minderheit und mußte nach einiger Zeit aus politischen Gründen seine geliebte Dozententätigkeit aufgeben. Als Führer der Opposition ergriff er zwar selten das Wort, dann aber zu grundsätzlichen Themen wie Pressefreiheit, Haushaltssparsamkeit, Reduzierung der Militärausgaben. Auf Grund der zahlreichen Konflikte gab er 1838 sein politisches Mandat auf.

Zusammen mit seiner Ehefrau und zwei Pflegesöhnen lebte Uhland ab 1836 in einem repräsentativen Haus und Grundstück am Fuß des Österbergs in Tübingen (Gartenstraße), direkt gegenüber der Neckarbrücke. Er verfolgte nun seine wissenschaftlichen Studien weiter, unternahm Reisen nach Wien, Norddeutschland, Belgien. 1844/45 erscheint von ihm die erste kommentierte volkskundliche Sammlung „Alte hoch- und niederdeutsche Volkslieder“. 1846 und 1847 nimmt er an den von den Gebrüdern Grimm einberufenen Germanistenversammlungen in Frankfurt /Main und Lübeck teil.

Im Revolutionsjahr 1848 wird er als Vertreter Tübingens in die Deutsche Nationalversammlung gewählt, die in der Frankfurter Paulslirche über die Zukunft des deutschen Staatenbundes berät. Hier setzte er sich für eine parlamentarische Verfassung unter Einschluß Deutschösterreichs und ein Wahlkönigtum ein. – Nach der Auflösung der Nationalversammlung durch die Fürstenhäuser zog er sich nach Tübingen zurück und widmete sich wieder seinen wissenschaftlichen Arbeiten, insbesondere seinen volkskundlichen Studien, von denen ein Großteil jedoch Fragment geblieben ist.

Uhlands 75. Geburtstag wurde am 26. April 1862 an zahlreichen Orten in Deutschland lebhaft gefeiert, denn er stand als weit bekannter Dichter, als anerkannter Wissenschaftler und wegen seines Einsatzes für demokratische Rechte und nationale Einheit in hohem Ansehen.

Ludwig Uhland starb am 13. November 1862 in Tübingen. Seine Grabstätte ist auf dem Tübinger Stadtfriedhof erhalten.

Sein Haus an der Gartenstraße wurde am 15. März 1944 durch einen britischen Bombenabwurf zerstört.

Zu einer Klassiker-Ausgabe der Werke Ludwig Uhlands im Weichert-Verlag schrib Rudolf Steiner 1902 eine biographische Einleitung. Darin heißt es u.a.:

„Die Eigenart Uhland’scher Lyrik erscheint … in abgeklärter Weise. Der gemütvolle Ton der Lieder, die sinnige Anschaulichkeit, der Ausdruck eines reinen, liebevollen Naturempfindens treten in einer äußeren Form auf, die sich bis zur höchsten Künstlerschaft gesteigert hat. Die Balladen sind durchflossen von dem hohen ethischen Kern der Persönlichkeit des Dichters.   ……. Aber er weiß, indem er seine ureigensten Empfindungen gibt, zugleich doch seine Persönlichkeit hinter der Darstellung zurücktreten zu lassen. Die vollkommene Anspruchslosigkeit eines hochsinnigen Menschen spricht aus seinen Schöpfungen, der sich ganz ausleben darf, weil seine Art immer im höchsten Maße bescheiden und natürlich wirkt. Wenn er über die Dinge redet, so erscheint es, als ob nur die Dinge allein sprächen.“

„Neben strengster Auffassung seiner Pflichten war Uhland auch ein  weises Maßhalten zu eigen. Das läßt seine Persönlichkeit als eine im besten Sinne harmonische erscheinen. Hatte er etwas übernommen, so gab er sich diesem mit ganzer Seele hin. Er setzte alle seine Kräfte dafür ein. Aber er wollte niemals die eine Seite seines Berufes durch die andere beeinträchtigen lassen.“

„Eine Persönlichkeit, die sich in aussichtslosem Radikalismus gefiel, war er nicht. In ihm lebte neben einem entschiedenen Unabhängigkeitssinn und einer edlen Begeisterung für die Freiheitdoch auch der entschiedene Wille, nur das anzustreben, was nach der Lage der Dinge möglich war. Innerhalb dieses Möglichen trat er allerdings immer für das ein, was seinem Freiheitssinn am meisten entsprach.“ **)

 

*) Zitiert in der Uhland-Biographie von Rudolf Steiner, Rudolf-Steiner-Gesamtausgabe     

    Band 33, Seite 326.

**) a.a.O., Seite 340, 335, 343

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